Dieser Teil II des Blogeintrags beschreibt die Fahrt von Stuttgart nach Hilden und zurück vom 22.08.2014 bis zum 24.08.2014, von endurance und mir (Poolcrack). Den ersten Teil könnt Ihr hier nachlesen.
Eigentlich wollte ich ja gar nicht in die Schweiz um einen CCS-Lader abzuholen. Und schon gar nicht nach Hilden bei Düsseldorf. Um was zu tun? Die Ehre der Tesla-Fahrer zu verteidigen? Wegen einer sturer Autozeitschrift, in der ich höchstens während der Wartezeit beim Arzt oder Friseur mal blättere? Wegen einer offensichtlich zu kurzen Reichweitenangabe zu einem Fahrzeug das ich mir, zumindest derzeit, sowieso nicht leisten kann? Ich habe da anfangs noch nicht verstanden, dass es um viel mehr geht - dazu später mehr. Am Anfang hatte ich nur das Gefühl, dass dieses Event nicht wegen mir auch nur teilweise scheitern sollte.
Hinfahrt:
Wie ihr im 1. Teil lesen könnt, war Olafs i3 wegen einem Laderdefekt aus dem Spiel. Auf einen Fahrzeugtausch wollte er sich nicht einlassen, ihm ist nicht wohl bei dem Gedanken ein fremdes Privatfahrzeug zu fahren. Sein BMW-Händler konnte ihm auch kein Ersatzfahrzeug stellen. Wir kannten uns bis dahin nur telefonisch und per Email. Somit hatte ich schon wieder das gleiche Gefühl: Soll Hilden nur wegen mir ein Stückchen scheitern? Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Schon gar nicht, wenn für die Hin- und Rückfahrt der mobile CCS-Lader zur Verfügung steht. Also bot ich ihm an, dass wir gemeinsam ein Team bilden und mit meinem Auto fahren. Der Abreisetag wurde auf den Abend vor der Veranstaltung festgelegt: Freitag, 22.08.2014.
Beide mussten noch arbeiten, sodass wir erst ab 18:38 Uhr nahe Ludwigsburg losfahren konnten. Mit dem mobilen CCS-Lader konnte ich nach der Arbeit mein Pendlerfahrzeug auf 92% SoC bringen, den Rest lud ich an meiner Schukosteckdose daheim unmittelbar vor der Abfahrt. Schnell noch das Reisegepäck umladen, Olaf konnte sich bei mir noch umziehen, dann noch das Equipment anbringen (2 GoPro Kameras und ein iPad für den Live-Bericht) bevor es endlich losging. Olaf hatte die gesamte Strecke ohne Autobahn inklusive Zwischenstopps geplant und per USB-Stick in mein Navi übertragen. Vielen Dank dafür!
Streckenplanung: Route (nicht ganz so gefahren)
Etappe 1:
Die ersten Etappe nach Heidelberg bin ich gefahren, da ich mich in der Gegend besser auskenne. Mit der ECO-Pro Routing-Option wurden wir durch viele kleine Dörfer gelotst, deren Ortsdurchfahrt häufig auf 30 km/h beschränkt war. Wir kamen also nur langsam vorwärts. Dafür konnten wir die Landschaft genießen. Wir haben auf dem Weg noch einen kurzen Zwischenstopp um 19:24 Uhr in Sulzfeld gemacht nur um zu testen, ob wir die dortige Ladesäule per SMS freischalten können. Olaf hatte sich vorher telefonisch registriert. Es gelang, schnell noch ein Foto für das Ladestellenverzeichnis und ein kurzes, lustiges Gespräch mit ein paar vorbeischlendernden, leicht angetrunkenen Jugendlichen:
Jugendlicher: "Was kann das Auto?"
ich: "Fahren!"
Jugendlicher: "Was bringt es?"
ich: "Mobilität!"
Jugendlicher: "Ich meinte ..."
Dann ging es weiter nach Heidelberg, wo wir nach kurzem Suchen die RWE-Ladesäule hinter den riesigen, am Boden befestigten ADAC-Buchstaben um 20:15 Uhr gefunden haben. Mit dem mobilen CCS-Lader problemlos 4,8 kWh in 14,5 Minuten geladen. Die kurze Ladeweile haben wir mit einem Gespräch und mit Füße vertreten überwunden. Da sich die Säule im Industriegebiet befindet und die Dämmerung bereits im vollen Zuge war, gab es sonst nichts zu sehen. Selbst die Tankstelle gegenüber hatte schon zu.
Etappe 2:
Für die Etappe nach Bingen setzte sich Olaf ans Steuer und ich merkte, was für ein schlechter Beifahrer ich doch bin. Ich konnte keine Auskunft zum aktuellen Tempolimit geben oder dazu, dass wir in eine Sackgasse wegen einer Baustelle reinfuhren. Wahrscheinlich waren wir beide durch den irren BMW-Fahrer abgelenkt, der von links an einer Ampel stehend wie von Hornissen gestochen losfuhr, links abbog, leicht ins Schleudern geriet und fast mit einem entgegenkommenden Kleinwagen kollidierte. Er fuhr also ebenfalls in die Sackgasse, aber offensichtlich gezielt, da am Ende noch eine Tankstelle erreichbar war.
In Mannheim überquerten wir den Rhein, was sich später noch als wichtig herrausstellen sollte. Durch Worms und an Bad Kreuznach vorbei ging es nach Bingen. Dort wollten wir wieder an einer RWE-Säule am Museum laden. Ca. 100m vor dem Ziel versperrte uns allerdings ein Bahnübergang den Weg, obwohl ein Zug schon längst durchgefahren war. "Na gut, da wird wohl noch ein Zug aus der anderen Richtung kommen", dachten wir uns. Der kam. Und später noch einer. Und noch einer. Nach gefühlten 30 Minuten (real ca. 10-12 Minuten) ging die Schranke endlich wieder hoch! Und nach kurzer Suche im Dunkeln (Schild vorhanden, aber unbeleuchtet) konnten wir wieder um ca. 23 Uhr den mobilen CCS-Lader einsetzen. Diesesmal wollten wir etwas länger laden um eventuell das nächste Etappenziel Boppard zu überspringen. Der längere Aufenthalt gestattete den Besuch eines einfachen Italieners. Der hatte eigentlich schon zu, heizte aber seinen Pizzaofen nochmal für uns an damit wir 2 Pizzen mitnehmen konnten. Es standen nicht mehr alle Belagsarten zur Verfügung. Wir waren aber hungrig und daher genügsam. Die Pizzen waren erstaunlich gut. Mit den Pizzaschateln standen wir dann wieder am teuflischen Bahnübergang. Wenigstens hatten wir was zu essen und das Auto lud währenddessen. Olaf hatte seine Pizza schon zu 3/4 gegessen, als die Bahnschranke endlich wieder hoch ging.
(Olaf: hier habe ich mir kurz überlegt ob ich kurz als Admin eingreife - aber na gut was wahr ist muss wohl so stehen bleiben)
Etappe 3:
Olaf wollte auch die nächste Etappe fahren, obwohl er sich vorher schon mehrfach über das Auto wegen der, aus seiner Sicht, spartanischen Ausstattung "beschwert" hatte. Tja Olaf, was hast Du erwartet? Ich bin Grieche!. (Olaf: beschwert naja - ich wollte eben immer Knöpfe drücken die es nicht gab). Das Etappenziel Boppard wollten wir eventuell überspringen und erst in Bonn wieder laden, haben es aber für den Fall der Fälle im Navi erst mal drin gelassen. Aber das Navi verhielt sich nun plötzlich sehr seltsam. Obwohl wir die Routing-Option "Fähren vermeiden" gewählt hatten, führte es uns ständig
zur nächsten Anlegestelle. Auf der geplanten Strecke konnten wir nicht sehen, dass Boppard rechtsrheinisch ist. Nach etwas hin- und her beschlossen wir das Etappenziel zu überspringen. Mit etwas langsamerer Fahrt würden wir es schon bis nach Bonn schaffen.
Langsam wurde es mir kalt, da die Außentemperatur einstellige Werte erreichte. Aber meine Heizung arbeitete wegen eines Softwaredefekts sowieso nur sehr schwach, sodass ich mich lieber ein bischen zudeckte, als dass ich unsere Reichweite gefährde. Im Härtefall hätten wir die Sitzheizung verwendet. Die Etappe zog sich sehr lange hin. Dank Olafs sparsamer Fahrweise hatten wir noch genügend Saft um eine Ersatzsäule zu finden, falls die BMW-50kW-DC-CCS-Säule nicht zugänglich sein sollte. Wir kamen um ca. 2:05 Uhr an. Aber wir hatten Glück, die Säule war leicht zugänglich und ohne Freischaltung nutzbar.
Etappe 4:
Zum vorletzten Etappenziel Düsseldorf fuhr ich wieder selbst. Da die anderen i3 und E-Golf Teilnehmer am nächsten morgen mit dem mobilen CCS-Lader laden wollten, hatten wir noch eine Ladung auf 95% in der Nähe des Hotels in Hilden eingeplant. Der 1. Versuch an der BMW-Niederlassung in Düsseldorf scheiterte - deren CCS-Ladesäule befindet sich hinter dem längst geschlossenen Tor. Der Wachdienst wurde auf uns aufmerksam und hatte keine Motivation uns reinzulassen. Also weiter zum Seestern Fitnessclub Süd in Düsseldorf,
wo wir morgens um ca. 4:10 Uhr noch auf 95% luden. Die Aktivierung erfolgte mittels einer EnBW Karte.
Etappe 5:
Kurz vor 5 Uhr trafen wir im Hotel Amber ein, ein am Wochenende günstiges Businesshotel. Zwei weitere Elektroautos standen in der Garage, keines hing an der Ladesäule. Wir waren zu fertig, um in die sehr enge Parklücke einzuparken und beschlossen am nächsten Tag bei der Bäckerei Schüren die wenigen fehlenden Prozent per Schuko nachzuladen während wir den anderen Teilnehmern beim CCS-laden helfen. Auf die Idee, einfach unser langes Kabel quer durch die Garage zu verlegen, sind wir wegen der fortgeschrittenen Stunde nicht mehr gekommen. Zeit für die Nachtruhe. Um 5 Uhr im Zimmer, Wecker auf 6:45 Uhr gestellt, kurz, aber erholsam geschlafen, geduscht (ein echter Genuss nach der zu kruzen Nachtruhe!) und asketisch gefrühstückt, denn ich wollte die Bäckerei Schüren ausgiebig testen.
Hilden, Bäcker Schüren:
Den Aufenthalt und den Reichweitentest beschreibt Olaf hier in seinem Eintrag. Es folgen meine Eindrücke und Gefühle zu Veranstaltung:
Erst hier begriff ich, was das für eine riesige Sache ist - ein in kürzerster Zeit privat organisiertes Event mit 41 Teilnehmern und 30 weiteren unterstützenden E-Autos, das mit Notar (Olaf: Anmerkung ein Notierer, Notar konnte er hier aus rechtlichen Gründen nicht sein), GPS-Überwachung (freiwillig mit Glympse), Monitoring am Computer, Beweisfotos und -Videos, Startnummern als Klebefolien, Lunchpaket, WDR, ZDF, ein lokaler Radiosender und ohne Sponsoren außer dem Bäckermeister Roland Schüren (http://www.ihr-b%c3%a4cker-sch%c3%bcren.de/) und dem Notierer durchgeführt (beide Teslafahrer) - einfach unglaublich.
Natürlich bedanke ich mich hiermit nochmal bei allen Teilnehmern, allen Unterstützern, allen Besuchern, allen Bloggern, allen Internet-Verfolgern, bei Desigwerk (CCS-Lader), beim mir unbekannten Verleiher der mobilen ChaDEMO Ladestation und bei meinem Kollegen und Teslafahrer Volker, der Olaf meine geschäftliche Email-Adresse gab und damit für mich den Stein ins Rollen brachte. IHR ROCKT!
Wir Elektromobilisten dürfen uns nicht in verschiedene Lager aufspalten lassen, wir müssen zusammenhalten. Denn wer sich spalten lässt wird anfangs ignoriert, später beherrscht und danach unterdrückt. Wir haben keine Lobby. Umso wichtiger ist es, dass wir an einem Strang ziehen. Diesen Zusammenhalt konnte ich zuerst bei der Wave-Parade 2014 in Stuttgart spüren und erstmals in Hilden richtig ausleben. Da gab es kein "da drüben die Kurzstreckenfahrer" und "hier die Teslas". Ich konnte mich frei mit jedermann unterhalten und es war ein echtes Interesse an allen Fahrzeugen da. Jede Einzelleistung beim Reichweitentest wurde mit Anerkennung applaudiert, was nicht nur daran lag, dass ausnahmslos alle Ergebnisse deutlich über den "Testwerten" der AMS lagen.
Rückfahrt:
Nach Eberhards Ankunft mussten jedoch Olaf und ich gegen 17:10 Uhr aufbrechen, da wir noch eine lange Fahrt zurück nach Hause vor uns hatten. Zusätzlich wollte Olaf am nächsten Morgen den CCS Lader in die Schweiz nach Fehraltorf zu http://www.design-werk.ch zurückbringen.
Etappe 1:
Wir beschlossen nun im Navi auch Autobahnen zuzulassen. So fuhr ich die 1. Etappe nach Bonn zur BMW-50kW-Ladesäule zurück. Einer der beiden reservierten Parkplätze ("BMWi-only"), war durch ein Mietwagen eingeparkt. Da er genauso wie die anderen rückwärts eingeparkt war vermute ich, dass es sogar ein Angestellter getan hat. Zur Not kann man noch rückwärts von der Seite an die Säule rankommen.
Etappe 2:
Fahrerwechsel, Olaf wollte nochmal ran. Die Loreley konnten wir nun endlich bei Tag sehen, auch wenn das Wetter leider bewölkt und regnerisch war. In Bingen um ca. 21 Uhr angekommen, mussten wir diesesmal sogar 5 Züge abwarten, bis wir endlich den Bahnübergang queren durften. Da es nach Regen aussah, spannten wir noch einen Regenschirm über den mobilen CCS-Lader und klemmten ihn zwischen Auto und Lader wegen dem starken Wind ein. Zum Abendessen gingen wir wieder zum gleichen, nur leicht überraschten Italiener, der diesesmal natürlich noch offen hatte. So war diesesmal auch genügend Zeit für Gemütlichkeit, Vorspeisen und Getränke.
Etappe 3:
Nun bin ich wieder gefahren. Am Ortsausgang Bingen überholten wir auf der Autobahn langsam eine Hummer-Stretch-Limo. Darin wurde wohl ein Polterabend oder etwas ähnliches gefeiert. Die hinterste Seitenscheibe ging runter, ein Mann streckte den Kopf raus und schrie uns etwas zu. Wir konnten ihn anfangs nicht verstehen. Er streckte sich weiter raus, bis er fast mit ganzen Oberkörper draußen hing. Einer seiner Freunde krabbelte zum Schiebedach raus. Verrückte! Dann verstanden wir langsam was er schrie: "Will mal die Beschleunigung sehen!", "Drück mal drauf!" und ähnliches. Nun gut, ich habe ihn beim Wort genommen und für wenige Sekunden das Fahrpedal voll durchgedrückt - wir haben sie nicht mehr wiedergesehen. In Heidelberg sind wir um ca. 23:20 Uhr zur gleichen RWE-Säule beim ADAC gefahren.
Etappe 4:
24.08.2014 um 0:08 Uhr war dann die Abfahrt Heidelberg nach Ludwigsburg. So langsam merkte ich meine Müdigkeit. Eine reine Autobahnfahrt wäre von der Reichweite her möglich gewesen, doch es hätte langsam sein müssen, da das Auto nicht voll war. Außerdem wäre das ermüdend gewesen. Also entschied ich mich für Land- und Bundesstraßen. Kurz nach Bretten wurde gebrettert. Auf der B35 und B10 hielt mich das Adrenalin wach, während Olaf den Schlaf der Gerechten schlief. Seltsamerweise wachte er erst wieder auf, nachdem ich kurz vor dem Ziel die B10 verließ und deutlich langsamer fuhr. Geplante Ankunfstzeit laut Navi 1:50 Uhr, reale Ankunft: 1:29 Uhr
Ich war nur noch 50 Meter vom Bett entfernt, aber Olaf musste noch ca. 30 km mit dem Mietwagen nach Hause fahren. Für mich war es dann das erste mal dieses Jahr, dass ich 8 Stunden am Stück geschlafen habe. Als ich morgens aufwachte, war Mr. endurance aber schon wieder Richtung Schweiz unterwegs um den CCS-Lader zurückzubringen - der Name verpflichtet.
Epilog:
Olaf, dies könnte der Beginn einer langen Freundschaft sein.
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